Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hebt die Stichwahl rund um die Bundespräsidentschaftswahl 2016 auf. Den Anfechtungsantrag stellte Heinz-Christian Strache von der FPÖ. Doch wie kam es überhaupt so weit? War die Möglichkeit von Manipulationen nicht schon vorher gegeben?
Zur Vorgeschichte
Land auf, Land ab wird von der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) gesprochen: Die Aufhebung der Stichwahl zum Bundespräsidenten 2016 im gesamten Land. Die Folge: Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer werden erneut ins Match um das höchste Amt im Staat antreten.
Doch wie kam es dazu? Nach dem knappen Ergebnis von nur rund 30.000 Stimmen Vorsprung für Van der Bellen, brachte der FPÖ Obmann Heinz-Christian Strache eine, auf 150 Seiten begründete, Anfechtung der Stichwahl beim VfGH ein.
Der VfGH hat dem Antrag von Heinz-Christian Strache nach intensiver Prüfung schlussendlich stattgegeben. Die Wahl muss, mehr oder weniger aus formalen Gründen, wiederholt werden.
Möglichkeit der Manipulation?
Nach der mündlichen Urteilsverkündung durch den VfGH lud am Freitagnachmittag (1.7.2016) die FPÖ zu einer Pressekonferenz ein.
Heinz-Christian Strache dazu im Originaltext hinsichtlich der möglichen Manipulationen:
... durch diese Gesetzeswidrigkeit, kann in diesem Zeitraum alles Mögliche passiert sein, auch eine Manipulation. Die hat der Verfassungsgerichtshof gar nicht überprüft. Alleine, dass es möglich gewesen sein könnte, ist in der bestehenden Judikatur heute, letztlich auch nicht zulässig. Er hat daher nichtausgeschlossen, dass es keine Manipulation gegeben hat...
... Es ist eben ausdrücklich auch, NICHT festgestellt worden, dass es KEINE Manipulation gegeben hat, denn das war gar nicht Gegenstand der Prüfung.
Einige Stunden später, also noch am selben Tag, war der VfGH Präsident Gast beim ORF für ein Interview mit Armin Wolf. Wolf bezieht sich dabei auf Aussagen des Präsidenten Gerhart Holzinger: ... dass sein Verfahren keinen Hinweis darauf erbracht hat, dass es bei dieser Wahl Manipulationen gegeben hat und das Wahlergebnis in den 14 kritisierten Bezirken in keiner Weise auffällig oder ungewöhnlich ist.
Holzinger ergänzt jedoch im Interview den Grund der Aufhebung: ... dass dann, wenn eine wahlrechtliche Regelung, deren Ziel es ist, Manipulationen hinten anzuhalten, verletzt worden ist, die Wahl aufzuheben ist, auch wenn sich - was ja meistens nur sehr, sehr schwierig nur nachweisbar ist, Manipulationen nicht erweisen haben lassen.
Armin Wolf nimmt daraufhin Bezug auf die österreichische Bundesverfassung:
Einer Anfechtung ist stattzugeben, wenn die Rechtswidrigkeiten des Verfahrens erwiesen wurde... [Was eindeutig so sei] ...und das Verfahrensergebnis von Einfluss war.
Der ORF Anchorman hält fest, dass hier das Wort "war" und nicht "hätte sein können". Worauf Holzinger antwortet,
dass die Formulierungen seit den 1920er-Jahren im Sinne von "wenn von Einfluss sein konnte" ausgelegt wird.
Manipulationsmöglichkeit erst seit der Stichwahl?
Fakt ist, dass bei dieser Wahl ordentlich geschlampt wurde, und es in Folge zu diesem Urteilsspruch kam.
Verfolgt man jedoch genau die Aussagen der Wahlbehörden, Wahlbeisitzer, Wahlleiter und Innenministerium bekommt man den Eindruck, dass man das "immer schon so gemacht hat". Freilich gelobt man nun Besserung, aber das war scheinbar nicht das erste Mal.
Warum kam es also genau jetzt zu einer Anfechtung? Waren all diese Probleme oder Schlampereien schon im Vorfeld bekannt?
Das knappe Ergebnis von rund 30.000 Stimmen, wegen derer man verloren hat, könnte im Falle von möglichen Manipulationen ausreichend gewesen sein. Wichtig auch hier wieder der Konjunktiv: Könnte.
Es hätte uns jedenfalls viel Zeit, sehr viel Geld und hochemotionale Debatten in der österreichischen Bevölkerung erspart, wenn diese Schlampereien, so sie schon vorher bekannt waren, bereits im Vorfeld bereinigt gewesen wären.
Siehe auch