Alte Liebe rostet nicht?

Gute 14 Jahre lang war ich stolzer Besitzer eines eigenen Autos. Zwei Jahre hatte ich einen alten Toyota Corolla der brav seine Dienste leistete. Danach kam mein voller Stolz: Ein BMW 3er. Für satte zwölf Jahre! Viele Reisen habe ich mit dem BMW gemacht, viele interessante Menschen transportiert. Jetzt muss ich aber erkennen: Ein Auto zu besitzen rechnet sich einfach für mich nicht mehr. Ein Abschied mit Wehmut.

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Sag zum Abschied leise Servus

Seit 2013 wohne ich in der Leopoldstadt, dem zweiten Wiener Gemeindebezirk. Seitdem hat sich viel verändert. Ich wohne fünf Minuten von einer U-Bahn-Station entfernt und die Radinfrastruktur ist hier gut ausgebaut (wenngleich das Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft wurde). Wege des täglichen Bedarfs lassen sich bequem zu Fuß erledigen. 

Mein Auto ist immer öfter und immer länger einsam in der Garage gestanden und teilweise wochenlang nicht angesehen worden.

Dabei hat alles so schön begonnen.

Am 2. Mai 2003 war meine Freude riesengroß. Stolz präsentierte ich der Welt mein neues Auto. Rasch folgte die erste große Ausfahrt nach Italien.

Viele weitere Reisen folgten.

Wie der Zufall so will, war es auch wieder eine Reise nach Italien, die ich als letzte große Autoreise mit meinem Fahrzeug nennen kann.

Der Mechaniker meines Vertrauens hat mich auf den Abschied schon lange vorbereitet. Von Jahr zu Jahr meinte er immer eindringlicher, ich solle mich doch irgendwann mal nach einem neuen Auto umsehen.

Das tat ich auch immer wieder, wie oben zu sehen, ich am Steuer eines BMW 3er der Serie E90.

Schlussendlich hatte ich nie Bereitschaft, wieder soviel Geld in die Hand zu nehmen. Also habe ich Jahr für Jahr in die notwendigen Reperaturen investiert. 

War meine Fahrleistung anfangs noch teilweise bis zu 2000km im Monat, verringerte sich diese Zahl auf etwa 7000km im Jahr.
Im Jahr 2015 waren es dann überhaupt nur mehr 3600km.

Nun läuft die "§57a Beguchtachtung" (=Pickerl) ab. Jetzt ist mittlerweile auch die Bereitschaft wieder in Reperaturen zu investieren verschwunden. 

Ich habe mein Auto zum Verkauf inseriert und innerhalb eines Tages einen neuen Käufer gefunden.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels ist mein ehemaliges Auto vermutlich schon irgendwo in Rumänien. 

Nur wer sich ändert, bleicht sich treu

Mein Weltbild und meine Prioritäten haben sich im Wandel der Zeit verändert.

So empfand ich es jetzt besonders reaktionär und keinesfalls visionär, als es im Wiener Wahlkampf des Jahres 2015 Parteien gab, die sich für den PKW Verkehr in der Stadt einsetzten (Stichwort: "Autofahrer sind auch nur Menschen"). Eine politische Aussage, die ich eher in den 1970ern ansiedeln würde und nicht 45 Jahre später im Jahr 2015.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich aber selbst noch nicht, dass der Abschied zu meinem Auto nicht mehr weit entfernt sein sollte. Trotzdem passte für mich das "eigene Auto" im allgemeinen Sinne nicht mehr in ein modernes urbanes Stadtbild.

Das es mir zum Schluss so schwer gefallen ist, mich von meinem eigenen Fahrzeug zu trennen, hat mich doch irgendwie überrascht. Ich bin fast schon eine sentimentale Bindung mit meinem BMW eingegangen.


Zufälligerweise bin ich über einen vor kurzem veröffentlichten Artikel gestolpert, der auf dieses Phänomen im Detail eingeht: 
Das Auto - Wirklich ein Existenzbedürfnis?

Was wird kommen?

Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. 

Werde ich in Zukunft wieder ein Auto besitzen? Möglich ist es, aber ich möchte es probieren mal ganz ohne eigenem Auto auszukommen.

Es gibt vor allem hier in Wien bereits viele Alternativen:

  • Ich fahre jetzt pro Jahr etwa 4000km mit dem Fahrrad. Ja, ich fahre auch im Winter. Ich bin dieses Jahr also schon mehr mit dem Fahrrad gefahren als mit dem Auto.
  • Öffentlicher Verkehr? Sowieso! Bei 365€ im Jahr muss man nicht lange überlegen, noch dazu ist die U-Bahn sehr schnell.
  • Eine weitere Alternative ist für mich Drive Now von BMW. Sollte ich doch den akuten Bedarf nach einem großen Auto haben, in welches auch ein Kinderwagen passt, so nehme ich mir einfach eines. Am Smartphone die entsprechende App öffnen, reservieren und losfahren. 

Ich sehe den veränderten autolosen Zeiten zwar mit etwas Wehmut entgegen und würde Lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir die Entscheidung leicht gefallen ist, aber ich sehe auch viel Zuversicht. Ich glaube, dass es die einzig richtige Entscheidung ist.

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