"Wer sein Heimatland liebt, ist noch ein zarter Anfänger; derjenige, dem jeder Fleck Erde soviel gilt wie der, auf dem er selbst geboren wurde, hat es schon weit gebracht; reif ist aber erst der, dem die ganze Welt zu einem fremden Ort geworden ist." (Hugo von St. Victor, Mönch aus dem Mittelalter). Die Skalierung die ich dem Zitat entnehme, deckt widerspruchslos meinen Wahrnehmungen hier und jenseits von Grenzen. Wie weit sind 1000 Meter? Die Welt kosmopolitisch gesehen... UPDATE 14.10.2007
Grenzen sind immer etwas Trennendes. Sie trennen zwei oder mehrere Dinge voneinander. In meinem Darsein stoße ich auf viele Menschen, die mehr oder weniger ausgeprägt in Grenzen denken. Sie klassifizieren, beurteilen und ordnen ein. Fast schon allergische Reaktionen zeige ich auf Sätze die folgendem Schema entsprechen:
"Menschen die [ dies/das machen | dort hin gehen | dort wohnen ] sind zum Großteil [ x | y | z ]".
In der aktuellen Druckausgabe des Spectrums der Presse "Wie weit sind 1000 Meter?" beobachtet Martin Leidenfrost seit vier Jahren die Wahrnehmung der Völker, in der "Gegend" wie er es in seinem Artikel liebevoll nennt. Für seine Kolumne "Die Welt hinter Wien" lebt er in einer Vorstadt von Bratislava. Ein äußerst lesenswerter Artikel, in dem er ein ähnliches Resümee zieht wie auch ich: Wie weit sind 1000 Meter?
Ich bemerke erschreckenderweise häufig, wie sehr sich die Menschen an ihre gewohnten Grenzen klammern und sich aus Angst vor Veränderung nicht davon lösen können. Dass man es zum Beispiel in der Slowakei fast schon töricht empfindet, dass sich die Österreicher weiterhin eine Grenzbewachung wünschen, obwohl sich die Schengengrenze 2008 verlagert, kann ich nachvollziehen. (UPDATE 14.10), siehe auch: Soldaten weiter an der Grenze – wozu?
Um auf das Zitat des Mönchs zurück zu kommen: "... reif ist aber erst der, dem die ganze Welt zu einem fremden Ort geworden ist". Ja, es kann echt befremdend empfunden werden; Das eigene Vertraute und auch das Andere: So existiert der Eiserne Vorhang zum Beispiel noch immer in den Köpfen vieler, diesseits aber auch jenseits(!) der Grenze.
Aufgrund der großen Anzahl der Grenz-Denker hat sich eine perfid-tolerante Haltung entwickelt: Es gilt als normal in Grenzen zu denken. Dem Umgekehrten davon werden dafür fast schon krankhafte Attribute beigemessen:
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein".
Für mich persönlich stellt sich die Frage: Darf das sein; Toleranz gegenüber Grenz-Denkern?