Integration oder Eskalation?

Peter Westenthaler (BZÖ) trifft auf Carla Amina Baghajati (Muslimische Glaubensgemeinschaft). Ein Blutbad - Könnte man meinen. Doch es kam nicht so wie gedacht. Ich besuchte gemeinsam mit Andy B die Diskussionsrunde unter der Leitung von Gabi Waldner (ORF) im RadioKulturhaus und es gab eine kleine Überraschung...

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... denn Peter Westenthaler zeigte sich, für seine Verhältnisse, betont gemäßigt.

Peter Westenthaler, BZÖ
Peter Westenthaler, BZÖ

Allerdings hat er seine Standpunkte, wenn überhaupt, nur peripher adaptiert. Auffällig war sein Hervorheben der Distanzierung zu "den Rechten", namentlich der FPÖ.

Seine Vis-A-Vis war Carla Amina Baghajati von der muslimischen Glaubensgemeinschaft.

Carla Amina Baghajati von der muslimischen Glaubensgemeinschaft
Carla Amina Baghajati von der muslimischen Glaubensgemeinschaft

Sie konnte dem durchwegs wortgewandten Peter Westenthaler durchaus das Wasser reichen. Moderiert wurde das ganze von Gabi Waldner vom ORF

Gabi Waldner, ORF
Gabi Waldner, ORF

Die Themen wurden allerdings mehr von Westenthaler "vorgegeben" als von Gabi Waldner.

Die Diskussion 

Westenthaler fordert ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen -Im Privaten getragen, hält er es für Okay, würde es sich aber wünschen, wenn Sie als Zeichen der Anpassung auf dieses Verzichten oder in einem scherzhaften Nebensatz eingeworfen, einen "Edelweiß" aufsticken würden.

Er forderte immer wieder die Säkularität bzw. ein Bekenntnis dazu.

Hier hakte Baghajati ein, den Säkularität muss in beide Richtungen funktionieren, sie ergänzte, dass der Staat im Interesse der freien Religionsausübung keine Vorgaben über Kopftücher & Co machen dürfe.

Peter Westenthaler, der sich "unters Volk gemischt hat"
Peter Westenthaler, der sich "unters Volk gemischt hat"

Erwartungsgemäß ging Westenthaler auf die erst kürzlich inhaftierten Islamisten ein und bekräftigte damit seine Forderung, das Messen primär auf Deutsch gehalten werden müssen (damit keine Missinterpretation des Korans passieren können) und einer totalen Überwachung aller moslemischen Einrichtungen. Er fügte hinzu, dass "diese Islamisten" ein einer Parallelgesellschaft leben.

Baghatajati stritt den Vorwurf der Existenz Parallelgesellschaft, auch nach weiterer Nachfrage seitens Waldner, allerdings ab. Dies führte teilweise zu Kopfschütteln im Publikum.

Der Vertreterin der Muslimische Glaubensgemeinschaft gelang es jedoch Westenthaler in Widersprüche zu verwickeln. Westenthaler zitierte zunächst Recep Tayyip Erdogan (türkischer Ministerpräsident), welcher folgendes türkisch-nationalistisches Gedicht von sich zu hören gab, die umstrittene Textpassage lautet:

"Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten" (Ziya Gökalp, Vordenker des türkischen Nationalismus, 1912)
(Weitere Informationen in der "Welt")

Danach betonte Westenthaler, dass Erdogan, der in seiner Vergangenheit derartige Aussagen gemacht hat, so nicht in Ordnung sei. Hier gelang es Baghatajati, Peter Westenthaler an seine Mitgliedschaft in der Vergangenheit in der FPÖ zu erinnern, die er kurz zuvor noch als das Böse schlecht hin darstellte.

ORF Funkhaus - RadioKulturhaus
ORF Funkhaus - RadioKulturhaus

Baghajati sieht Perspektiven für ein besseres Zusammenleben. Die Forderung, Messen in Deutsch abzuhalten, wird auf kurz oder lang sowieso bald völlig "automatisch" der Fall sein, da die zweite oder dritte Generation bereits besser Deutsch könne, als zb türkisch. Sie forderte außerdem zu mehr Toleranz und Akzeptanz auf. Einen Widerspruch zwischen der Selbstständigkeit der Frau und dem Islam sieht sie keinen, wie ihr dies Westenthaler nahe gelegt hatte.

Ein zentrales Anliegen ist ihr die Ausbildung "eigener" muslimischer Religionslehrer in Österreich, weil diese das Land besser verstehen können, als Lehrer die von außen dazukommen. Dadurch entstünden weitaus weniger Missverständnisse.

Besonders störend empfand die Muslimin, dass mit der Integrationsdebatte auch immer die Sicherheitsdebatte einher geht.

Sie forderte auch immer auf, Religion und Tradition zu trennen. Der Islam selbst dulde keine Gewalt. Das es aber schlechte Traditionen gebe und an diesen schleunigst gearbeitet werden muss, war ihr klar. Dies geschehe allerdings bereits mit Bewusstseinsbildung innerhalb der muslimischen Glaubensgemeinschaft.

Fazit

Eine Art Kompromiss konnte erwartungsgemäß keiner hergestellt werden. Es fiel jedoch auf, dass der Profi-Politiker sich dem Zielpublikum (in diesem Fall Leser der "Presse" bzw. Radio-Ö1 Hörer) entsprechend anders verhalten hat, als man ihn sonst in den Massenmedien wahrnimmt. Obwohl ich großteils seine Ansichten nicht teile muss man ihm ehrlich zugestehen die Debatte "gewonnen" zu haben (sofern man das bei so etwas überhaupt sagen kann). Baghajati war fast immer in der Defensive und auch Gabi Waldner verhielt sich ziemlich ruhig.

Nebenbei

Da ich ja seit kurzem "Die Presse"-Clubmitglied bin, konnte ich das Treffen gratis besuchen, da die "Presse" dieses mit veranstaltet hat :-)
Leider bekomme ich diese "Werbung" nicht bezahlt :-(

Die Presse - Für die, die selbst entscheiden
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