War heute am Workshop mit dem Thema "24x7", also der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. Entgegen meinen Erwartungen sind Wortschlachten ausgeblieben und es ging ziemlich konstruktiv voran. Geladen waren unter anderem Univ.Prof.Dr. Wolfgang Mazal (Arbeitsrecht), KO Dr. Matthias Tschirf (Landesobmann Österreichischer Arbeitnehmer&Arbeiter Bund) und Gr Dr. Fritz Aichinger (Wirschaftskammer Wien, Sparte Handel). UPDATE: Detailbericht online
In unserem Workshop waren für die Wirtschaft, der Wirtschaftskammer Wien/Sparte Handel Vorsitzender Fritz Aichinger, für die Arbeitnehmerseite ÖAAB Wien Vorstand Matthias Tschirf und für die rechtliche Seite Unif. Prof. Wolfgang Mazal (Informationen im Siehe Auch Kasten.
v.l.n.r.: Aichinger, Mazal, Tschirf, (Woschnagg - Gastgeberin).
Rechtlich
Mazal erklärte uns wie diese Thematik rechtlich geregelt ist bzw. regelbar wäre. Zu unterscheiden ist hierbei in die Arbeitszeitenregelung und der Regelung der Ladenöffnungszeiten. Letzteres ist von der Europäischen Union her freigegeben, die Arbeitszeiten der Unselbstständigen jedoch nicht. Für Selbstständige gibt es keine Einschränkung. Ein Mitgliedsstaat darf Gesetze nur innerhalb des von der EU vorgegebenen Rahmen beschließen. Die maximale Arbeitsdauer pro Tag darf 11 Stunden nicht überrschreiten (Österreich 10 Stunden).
Die Scheinselbstständigkeit wurde hierbei von allen drei Rednern als besonderes Problem identifiziert. Mazal sprach sich für eine schnelleren Rechtsweg aus, um das Problem solcher in den Griff zu bekommen. Es sei besonders wichtig, dass Problemfälle bzw. atypisch Beshäftigte bei Bedarf Anzeigen innerhalb eines Monats durchjudizieren können.
Kultur & Familie
Tschirf stellte sich klar gegen die Sonntagsöffnung. Es sei mit der sogenannten "Work-Life-Balance" schlichtweg unvereinbar. In der anschließenden Diskussion wurde angemerkt, dass dies nicht wie eine Art "Bevormundung" verstanden wird, sondern eher dem Menschen die Möglichkeit bietet, andere Tagesagenden aufzustellen. Wäre Sonntags auch offen, so würde sich hier vermutlich eine Art "Alltagstrott" über das ganze Jahr verteilt, einstellen.
Mazal betonte, dass Länder in denen sehr viel gearbeitet wird, die Geburtenrate besonders niedrig sei, was wiederum für die Gesamtstaatlichkeit natürlicherweise sehr problematisch ist. Hierzu wurden Vergleichswerte aus anderen Staaten dargeboten.
In der westeuropäischen Kultur sei der Sonntag als freier Tag derart stark verwurzelt, dass sich darum viele Gebilde etabliert haben. Konkret geht es hierbei zb um die Freizeitbetriebe, die besonders von den Wochenenden leben.
Wirtschaftlichkeit
Aichinger referierte zunächst über die (Un-)Sinnhaftigkeit eines offenen Sonntags. Die ihm vorliegenden Zahlen zeigen deutlich, dass es schlicht weg unökonomisch ist - Einzig Unternehmen mit großen logistischen Systemen im Hintergrund haben aufgrund ihres austauschbaren Personals keinerlei Probleme damit. Beratungsintensive oder kleinere Unternehmen würden hier deutliche Nachteile erzielen. Durch die Sonntagsöffnung sieht er auch keinen wirklichen Benefit für den Arbeitsmarkt. Die Angestellten würden maximal mehr verteilt. Schon jetzt ist es so, dass im Handel unter der Woche weniger Leute arbeiten, als Freitag und Samstag. Es würde sich nur eine weitere Verlagerung zum Wochenende hin einstellen.
Tourismus
Am Ende der Referate brachte ich das Thema Tourismus in die Diskussionsrunde ein. Aichinger erwähnte die sogenannten Tourismuszonen in denen bereits Sonderbestimmungen ausverhandelt sind. Er sprach sich jedoch klar gegen eine Tourismuszone in Wien aus. Besonders problematisch sieht er in Wien das regionale Beschränken einer solchen. Würde angenommen der erste Bezirk zur Tourismszone erklärt, würden dies auch zb Unternehmer der Mariahilferstraße für ihre Geschäfte auch fordern. Dies würde die bereits jetzt vorhandenen "Einkaufstrampelpfade" nur verschärfen und Unternehmen abseits dieser Pfade in Bedrängnis bringen.
Ökonomisch betrachtet, rechnet sich selbst bei der Annahme, ein Tourist gibt 100 EUR täglich aus, kaum sonntags zu öffnen. Durch die Globalisierung würden außerdem Touristen überall das Selbe bekommen und für Souvenirstände gelten sowieso wieder Ausnahmeregelungen.
Fazit
Ich selbst bin weder deutlich für, noch gegen eine Sonntagsöffnung. Würde man mich interviewen, ob ich für die Sonntagsöffnung bin, würde ich mit einem deutlichen "Jein" antworten. Ich habe erst am Sonntag vor knapp zwei Wochen eingekauft, was ich recht praktisch fand. Da ich es aber über 24 Jahre lang es geschafft habe, ohne Sonntagseinkauf zu "überleben" kann ich davon ausgehen, dass mir das auch Zukunft problemlos gelingen wird...